Fuji X Secrets (7. Juni) Nachlese: High-Key, Low-Key und der Marktplatzbrunnen

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Am 7. und 8. Juni fand südlich von Nürnberg der erste „reguläre“ Fuji X Secrets Workshop statt – auch hierzu eine kleine Nachlese

Marktplatzbrunnen
Marktplatzbrunnen

Sommerliche Temperaturen am Schwabacher Marktplatz sorgten dafür, dass sich unsere Models Jackii und Alina nicht nur am, sondern auch im örtlichen Brunnen vergnügten und den Teilnehmern unseres ersten regulären Fuji X Secrets Workshops somit einige besondere Motive lieferten.

Dem Shooting vorangestellt war freilich einiges an Theorie, wobei der Schwerpunkt wie schon bei unserem „Beginners“-Workshop bei den Themen Belichtung (inkl. ISO und DR-Funktion) und Autofokus lag. Das Verständnis der Funktionsweise des ISOlosen Sensors erweist sich immer mehr als Schlüssel zum mühelosen Arbeiten mit dem X-System – gerade in schwierigen oder sogar „aussichtslosen“ Situationen.

Sechs der sieben Teilnehmer vom 7. Juni waren DSLR-Umsteiger, und nicht wenige pflegten altbekannte und erprobte „Spiegelreflex-Methoden“. Davon hieß es zum Teil Abschied nehmen, um andere, auf spiegellose Kameras wie die X-Serie zugeschnittene Verfahren kennenlernen: etwa eine Alternative zur fehleranfälligen „Fokussieren und Verschwenken“-Methode oder eine manuelle Belichtungsmethode, die den Live-View, das Live-Histogramm und die Spotmessung im manuellen Belichtungsmodus kombiniert, um in jeder erdenklichen Situation eine korrekte Belichtung einzustellen.

Marktplatz in Schwabach
Marktplatz in Schwabach

Das Dauerthema „Fokus“ wiederum beschränkte sich nicht nur auf eine Erörterung der unterschiedlichen AF-Verfahren oder die Möglichkeiten der manuellen Fokussierung inkl. Zonenfokus und hyperfokaler Distanz, sondern es wurden auch praktische Rezepte vorgestellt, um DSLR-Umsteigern die Wahl des richtigen AF-Feldes und der optimalen AF-Feldgröße zu erleichtern.

Am späten Nachmittag konnten die Teilnehmer den „Autofokus-Trick“ sowie das AF-Tracking in der Praxis am lebenden Modell ausprobieren und sich schwierigen Lichtsituationen im Sonnenlicht stellen, die es ohne weitere Hilfsmittel wie Reflektoren oder Diffusoren (und auch ohne Blitz) zu meistern galt. Hier zeigte sich erneut der große Nutzen der DR-Funktion, mit deren Hilfe man die harten Schatten des sommerlichen Lichts mit Bordmitteln der Kamera – ohne externe Bearbeitung – in ein attraktiveres High-Key-Szenario verwandeln kann.

Dass Tracking-Autofocus und PDAF nicht unbedingt notwendig sind, um sich auf die Kamera zubewegende Motive mit dem Autofokus in ihrer Bewegung scharf zu erfassen, bewies unsere Demonstration mit Jackii auf dem Einrad. Bei solchen Tests wählen wir – wenn möglich – stets eine für den AF besonders schwierige Lichtsituation: Gegenlicht. Im Sinne einer realistischen Einschätzung ist es wichtig, die Fähigkeiten von Kameras nicht unter optimierten, sondern unter erschwerten Bedingungen zu erforschen. Umso erfreulicher, wenn es dann trotzdem gleich auf Anhieb klappt.

DSCF0209 Bei kurzen Belichtungszeiten (hier 1/800s) schalten wir den optischen Bildstabilisator (OIS) unserer Zoom-Objektive aus, da der OIS hier keinen Vorteil mehr verspricht, das Bildergebnis jedoch potenziell negativ beeinflussen könnte.

 Bei Serienaufnahmen im Gegenlicht bietet sich eine vollständige manuelle Belichtung an, um über die gesamte Serie einheitliche Ergebnisse zu erhalten und nichts dem Zufall zu überlassen. Wir belichten dabei auf das Hauptmotiv und sorgen mit der DR-Funktion (hier auf DR200%) dafür, dass bildwichtige Lichter (hier das helle Marktplatzpflaster) nicht ausfressen.

 Fotografen, die eine ältere X-Kamera ohne PDAF und Tracking-AF verwenden, müssen hier entweder manuell vorfokussieren oder den „Autofokus-Trick“ anwenden. Der AF-Trick resultiert bei einem Motiv wie diesem zwar nur in einem oder zwei Bildern pro Durchlauf, diese Ergebnisse können es in puncto Schärfe allerdings sehr gut mit den Bildern der anderen Kameras aufnehmen, die per Tracking eine Serie mit drei oder acht Bildern pro Sekunde produzieren. Auch hier gilt also: Weniger ist manchmal mehr.

 Mit dem eingebauten RAW-Konverter können die Teilnehmer nachträglich Anpassungen vornehmen, die Belichtung korrigieren, Kontraste verändern oder verschiedene Filmsimulationen ausprobieren. Oft ist die Standardeinstellung jedoch bereits passend, so auch in diesem Fall mit Provia.

DSCF0591 – SOOC JPEGDie Aufnahme rechts illustriert ein typisches Dilemma, dem Hobbyfotografen im hellen Sommerlicht mit seinen starken Schatten und Kontrasten häufig gegenüberstehen:

 Direktes Sonnenlicht gilt in der Portraitfotografie als höchst riskant und sollte deshalb weitgehend vermieden werden. In der Praxis lässt sich diese Empfehlung allerdings kaum einhalten, etwa im sommerlichen Strandurlaub. Viele Fuji-X-Benutzer erwarten, dass sie mit ihrer Kamera Lichtsituation meistern können, an denen andere Kameras scheiten. Nicht wenige erwarten außerdem, dass dies ohne externe Nachbearbeitung funktioniert, die Aufgabe also mit dem Drücken des Auslösers beendet und ein attraktiver Schnappschuss „im Kasten“ ist.

DSCF0428 Um diese Erwartungen zu erfüllen, kommt es neben einer praxisgerechten Positionierung der fotografierten Person insbesondere auf die korrekte Belichtung an. Es gilt, so reichlich zu belichten, dass die vom direkten Sonnenlicht erzeugten Schatten nicht zu „schwarzen Löchern“ führen, die besonders in den Augenhöhlen visuellen Schaden anrichten können. Drüber hinaus ist es wichtig, den Kontrast zwischen Schatten und Lichtern zu vermindern. Leider sind auch moderne Sensoren nicht immer in der Lage, den Dynamikumfang einer entsprechend reichlich (= auf die Schatten) belichteten Aufnahme ohne weiteres zu erfassen. Das Resultat sind ausgebrannte Lichter und Farbverschiebungen, wie sie in der Variante links zu sehen sind.

DSCF0592 Die DR-Funktion der X-Kameras kann Lichter retten, die durch eine reichliche Belichtung auf die Schatten normalerweise verloren gehen, und sie kann unschöne Kontraste reduzieren. Hauttöne werden ohne Farbverschiebungen mit weichen Übergängen gezeichnet und evtl. vorhandene Unreinheiten nicht mehr hervorgehoben. Die rechts abgebildete Aufnahme ist dafür ein weiteres Beispiel und mag dem einen oder anderen Betrachter womöglich schon zu glatt erscheinen. Das ist jedoch kein Problem, da man die Wirkung der DR-Funktion im eingebauten RAW-Konverter der X-Kamera nachträglich jederzeit reduzieren, den Lichterkontrast bei Bedarf anheben oder reduzieren und/oder die allgemeine Belichtung absenken kann, um mit wenigen Tastendrücken das persönliche Wunschergebnis direkt aus der Kamera zu erhalten.

Der eingebaute RAW-Konverter kann jedoch noch mehr:

DSCF0439 Neben verschiedenen Farbfilm-Simulationen verfügen X-Kameras auch über vier Schwarzweißfilm-Modi und eine Sepia-Option. In diesem Fall kam Schwarzweiß+Gelbfilter zum Einsatz.

 DR400% sorgt hier für weich ablaufende Lichter, gleichzeitig wurde die Belichtung der Schwarzweißversion im eingebauten RAW-Konverter nachträglich um 1/3 EV gepusht und der Schattenkontrast im Gegenzug um eine Stufe von neutral (0) auf mittelhart (1) erhöht.

Das folgende Beispiel betrifft den Weißabgleich:

DSCF0336 Beim Fotografieren im Schatten verschwindet die von der Sonne provozierte Herausforderung an die Sensordynamik, sodass wir die DR-Funktion zurückfahren und zu DR100% greifen können. Dafür sehen wir hier das Phänomen eines recht kühlen automatischen Weißabgleichs, der technisch gesehen korrekt sein mag, im Ergebnis jedoch nicht zum Rest der Serie passt.

DSCF0427 Auch hier bietet der eingebaute RAW-Konverter eine elegante Lösung: Da der Weißabgleich erst bei der RAW-Konvertierung vorgenommen wird, können wir die Farbabstimmung unserer Bilder jederzeit nachträglich nach unserem Geschmack verändern. In diesem Fall wählten wir die Weißabgleichvorgabe „Schatten“, um dem Bild einen wärmeren Look zu verleihen. Gleichzeitig wurde die Filmsimulation von Provia auf Pro Neg. Hi und der Lichterkontrast auf mittelweich (-1) geändert.

Als spritzige Angelegenheit erwies sich ein feuchtfröhlicher Ausflug unsere beiden Models in den Marktplatzbrunnen:

DSCF0369 Wie bei den anderen in dieser Nachlese gezeigten Beispielen kam auch hier der manuelle Belichtungsmodus zum Einsatz. Bis auf die X-A1 und X-M1 verfügen alle aktuellen X-Kameramodelle mit APS-C-Sensor im manuellen Modus über eine WYSIWYG-Darstellung der eingestellten Belichtung im Live-View und ein entsprechend akkurates Live-Histogramm. Mit diesen Bordmitteln ist es einfach, die gewünschte Belichtung selbst einzustellen. Sinnvoll ist dies vor allem in Situationen mit relativ konstanten Lichtverhältnissen, da mehrere hintereinander gemachte Aufnahmen einer Szene dann stets die gleiche (korrekte) Belichtung aufweisen.

 Die vor den beiden Mädchen herabfallenden Wassertropfen stellten den Autofokus der Kamera vor eine große Herausforderung, sodass es hier dem Zufall überlassen blieb, ob der AF auf das eingestellte Gesicht oder einige davor herunterfallende Wasserspritzer fokussierte. Hier blieb uns nichts anderes übrig als mit einer Ausschussquote von ca. 30 Prozent zu leben und  mehrere Aufnahmen hintereinander zu machen.

Am Sonntag nutzten einige der Teilnehmer die Gelegenheit für einen informellen Fototag bei bestem Sommerwetter. Die hohen Temperaturen ermutigten die Teilnehmer dazu, das am Vorabend erprobte „luftige“ High-Key-Konzept weiterzuverfolgen, etwa im Rahmen einiger Blümchen-Nahaufnahmen.

Bildschirmfoto 2014-06-09 um 22.10.09 High-Key verschiebt das Histogramm nach rechts, allerdings so, dass bildwichtige Lichter dabei geschützt bleiben. Mit den X-Kameras von Fuji kann man diesen Look einfach dadurch erzielen, dass man die Überbelichtung mit einer passenden DR-Einstellung koppelt. Belichtet man etwa eine Blendenstufe reichlicher als normal, ist es sinnvoll, die Lichter mit DR200% zu schützen. Belichtet man mehr als eine Blendenstufe reichlicher, ist DR400% angebracht. Im Beispiel links kam Provia mit einer Überbelichtung von 1 EV und DR200% zum Einsatz. In dieser Form eignet sich das Motiv zum Beispiel gut als Schreibtischhintergrund am Rechner.

 Mit Hilfe des eingebauten RAW-Konverters ist es möglich, aus der links gezeigten High-Key-Variante die rechts abgebildete reguläre „Low-Key“-Version abzuleiten. Im konkreten Fall genügte eine Pull-Entwicklung mit -1 EV (eine Blendenstufe nach unten) und ein Wechsel von DR200% auf DR100%. Schon erhalten wir das nicht minder attraktive normale Bild mit dem vollen Kontrastumfang – und das alles mit den Bordmitteln der Kamera, ohne externe Bearbeitung.

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